Partei darf Foto nicht ohne Nutzungsrecht des Fotografen nutzen, um abgebildeten Künstler zu diffamieren

Das Landgericht München I hatte im Rahmen einer Berufung zu prüfen, ob eine Partei ein Foto, das einer meiner Mandanten von einem Künstler erstellt hatte, der wiederum auf einer Gegenveranstaltung zu einer von der Partei abgehaltenen Veranstaltung aufgetreten war, ohne die Zustimmung des Fotografen genutzt werden durfte.  

Dabei war insbesondere zu prüfen, ob ein Pastiche oder eine Karikatur, ein Pastiche oder eine Parodie vorliegt, welche nach dem neu ins UrhG eingefügten § 51a UrhG dazu führen würde, dass ein urheberrechtliches Nutzungsrecht nicht erforderlich gewesen wäre. 

§51a Karikatur, Parodie und Pastiche

Zulässig ist die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zweck der Karikatur, der Parodie und des Pastiches. Die Befugnis nach Satz 1 umfasst die Nutzung einer Abbildung oder sonstigen Vervielfältigung des genutzten Werkes, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist.

Das Bild wurde von der Beklagten und Berufungsführerin weitestgehend unverändert genutzt und bei Facebook gepostet. Die Auseinandersetzung mit dem abgebildeten Künstler erfolgte im Textbestandteil des Postes.  

Das Amtsgericht hatte der Klage vollumfänglich stattgegeben und die Partei zur Zahlung von insgesamt 904,50 € Schadensersatz und Anwaltsgebühren verurteilt. Hiergengen legte die Partei Berufung zum Landgericht ein.  

Das Landgericht stellte fest, dass die Entscheidung des Amtsgerichtes nicht zu beanstanden war. Insbesondere traf es eine Aussage zu dem noch sehr neuen § 51a UrhG und stellte diesbezüglich fest: 

„Mit dem zum 07.06 2021 in Kraft getretenen § 51a UrhG enthält das deutsche Urheberrecht erstmals eine spezielle Schrankenregelung für Parodien, Karikaturen und Pastiches, um transformative Nutzungen zu gestatten und somit einen Interessenausgleich zwischen den Inhabern von Rechten an bestehenden Werken und denjenigen, die auf Grundlage dieser vorbestehenden Werke Neues schaffen, zu gewährleisten (BT-Drs. 19/27426, 89). Nach S 51 a UrhG ist die Vervielfältigung, die Verbreitung und die öffentliche Wiedergabe eines veröffentlichten Werkes zum Zwecke der Karikatur. der Parodie und des Pastiches erlaubt. In allen drei Fällen geht es dem Verwender darum Aufmerksamkeit für die eigene Meinung bzw. künstlerische Aussage dadurch zu erzeugen, dass er mit dieser an ein bekanntes Vorbild anknüpft. 

In Abgrenzung zum unzulässigen Plagiat müssen Parodien Karikaturen und Pastiches wahrnehmbare Unterschiede zum Originalwerk aufweisen (BT-Drs. 19/27426, 90′ LG Berlin, 02 11.2021, 15 0 551/19; OLG Hamburg, 28 04 2022, 5 U 48/05). Dem unter die Schrankenbestimmung des § 51a UrhG fällenden Werk muss eine gewisse Eigenständigkeit zukommen; die es rechtfertigt, es als selbständig gegenüber dem benutzten Originalwerk anzusehen — andernfalls wäre eine zitierende Übernahme, der ein für § 51 UrhG notwendiger Zitatzweck fehlt, gem. S 51a UrhG gerechtfertigt (Glückstein, ZUM-RD 2022, 19, 22). Die Nutzung des vorbestehenden Werkes muss einer inhaltlichen oder künstlerischen Auseinandersetzung des Nutzers mit dem Werk oder einem anderen Bezugsgegenstand dienen und ist insbesondere Ausdruck der Meinungs-, Pressefreiheit oder Kunstfreiheit (BT-Drs. 19/27426 90). Im konkreten Fall ist stets ein angemessener Ausgleich zwischen den Rechten und Interessen des betroffenen Rechtsinhabers und denen des Nutzers zu gewährleisten, wobei sämtliche Umstände des Einzelfalls, wie etwa der Umfang der Nutzung in Anbetracht ihres Zwecks zu berücksichtigen sind (a.a.O.). 

(…) 

Die Beklagte kann sich nicht auf die Stilfigur des Pastiche gem. § 51a UrhG berufen. Der autonome Begriff des Pastiche wird weder im Gesetz noch in der InfoSoc-RL definiert. Laut der Gesetzesbegründung zu § 51a UrhG wurde der (französische) Begriff des Pastiche in der Literaturwissenschaft. und der Kunstgeschichte ursprünglich verwendet. um eine stilistische Nachahmung zu bezeichnen, beispielsweise das Schreiben oder Maien im Stil eines berühmten Vorbilds; wobei weniger die Nutzung konkreter Werke im Vordergrund steht als die Imitation des Stils eines bestimmten Künstlers, eines Genres oder einer Epoche (BT-Drs. 19/27426, 91). Anders als bei der Parodie und der Karikatur, die eine humoristische oder verspottende Komponente erfordern, kann die Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Werk beim Pastiche auch einen Ausdruck der Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original enthalten, etwa als Hommage (a.a.O.). In Abgrenzung zum unzulässigen Plagiat muss das ursprüngliche Werk derart benutzt werden. dass es in einer veränderten Form erscheint. Da die Schranke der Verwirklichung der Meinungs- und Kunstfreiheit dient, ist ein Mindestmaß eigener Kreativität des Begünstigten erforderlich. ohne dass dabei die für eine Urheberrechtsschutzfähigkeit erforderliche Schöpfungshöhe 

Diese Begrifflichkeit zu Grunde gelegt, stellt die Verwendung durch die Beklagte kein Pastiche im Sinne des § 51a UrhG dar. Es wird gerade kein Stil nachgeahmt, sondern das streitgegenständliche Lichtbild nahezu identisch übernommen und vervielfältigt. Damit erscheint das Original gerade nicht in einer relevant veränderten Form. Das Mindestmaß an Kreativität ist durch das Hinzufügen der Überschrift „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte! nicht erreicht. 

Entsprechendes gilt für die Karikatur. Der Begriff der Karikatur ist ebenso wie die Parodie und das Pastiche als autonomer Begriff des Unionsrecht einheitlich und entsprechend den Vorgaben des EuGH in Deckmyn (GRUR 2014 972) auszulegen.  

(…) 

Mangels wahrnehmbarer Unterschiede der Verwendung der Beklagten gegenüber dem Werk des Klägers, welches nahezu identisch vervielfältigt wurde, kann sich die Beklagte auf die Schrankenbestimmung der Karikatur des Originalwerks nicht berufen.“

Zwar definiert das Gericht mit der Entscheidung (leider noch) nicht, was ein Pastiche ist. Dennoch ist die Abgrenzung dahingehend, was kein Pastiche ist, für die Praxis durchaus nützlich. So ist gerade auf Seiten der Fotografen damit nicht zu befürchten, dass die neue Schrankenregelung dahingehend von Bildverwendern ausgenutzt werden kann, dass Bilder ohne wahrnehmbaren Veränderung oder einen eigenen künstlerischen Schaffensbeitrag genutzt werden können, ohne die Fotografen um Erlaubnis fragen zu dürfen.  

Es bleibt an der Stelle abzuwarten, wir die Rechtsprechung sich zu diesem Thema weiterentwickelt. Dennoch ist die erste Tendenz für Fotografen durchaus erfreulich.  


Beitrag erschienen als Kolumne Recht in der ProfiFoto