Proaktive Auskunftspflicht für Vertragspartner von Fotografen 

Mit der Einführung des neuen § 32d UrhG hat der Gesetzgeber abermals versucht, die Position von Urhebern zu stärken. Ob dies gelingt, zeigt sich dieses Jahr.

Urheber, darunter natürlich auch Fotografen, haben mit den §§ 32 und 32a UrhG gesetzliche Ansprüche auf eine angemessene Vergütung bzw. Beteiligung hinsichtlich eingeräumter Nutzungsrechte und tatsächlich vorgenommener Nutzungen durch ihre Vertragspartner. Bislang wurde Ihnen für die Vorbereitung solcher Ansprüche ein Auskunftsanspruch an die Hand gegeben, den sie selbstständig gegenüber den Vertragspartnern geltend machen mussten. Meiner Erfahrung nach wurde dieser Anspruch allerdings in den seltensten Fällen geltend gemacht, da viele Fotografen davor zurückgeschreckt sind, ihre Kunden damit zu konfrontieren.

Dem will der Gesetzgeber nun dadurch entgegenwirken, dass er die Vertragspartner von Urhebern zur regelmäßigen und proaktiven Auskunft verpflichtet, ohne dass es eine Anfrage durch die Urheber bedarf:

Ҥ 32d Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners

(1) Bei entgeltlicher Einräumung eines Nutzungsrechts erteilt der Vertragspartner dem Urheber mindestens einmal jährlich Auskunft über den Umfang der Werknutzung und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile. Die Auskunft erfolgt auf der Grundlage der Informationen, die im Rahmen eines ordnungsgemäßen Geschäftsbetriebes üblicherweise vorhanden sind. Die Auskunft ist erstmals ein Jahr nach Beginn der Werknutzung und nur für die Zeit der Werknutzung zu erteilen.

(1a) Nur auf Verlangen des Urhebers hat der Vertragspartner Auskunft über Namen und Anschriften seiner Unterlizenznehmer zu erteilen sowie Rechenschaft über die Auskunft nach Absatz 1 abzulegen.

(2) Die Absätze 1 und 1a sind nicht anzuwenden, soweit

  1. der Urheber einen lediglich nachrangigen Beitrag zu einem Werk, einem Produkt oder einer Dienstleistung erbracht hat, es sei denn, der Urheber legt aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte dafür dar, dass er die Auskunft für eine Vertragsanpassung (§ 32a Absatz 1 und 2) benötigt; nachrangig ist ein Beitrag insbesondere dann, wenn er den Gesamteindruck eines Werkes oder die Beschaffenheit eines Produktes oder einer Dienstleistung wenig prägt, etwa weil er nicht zum typischen Inhalt eines Werkes, eines Produktes oder einer Dienstleistung gehört, oder
  2. die Inanspruchnahme des Vertragspartners aus anderen Gründen unverhältnismäßig ist, insbesondere wenn der Aufwand für die Auskunft außer Verhältnis zu den Einnahmen aus der Werknutzung stünde.

(3) Von den Absätzen 1 bis 2 kann nur durch eine Vereinbarung abgewichen werden, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht. Im Fall des Satzes 1 wird vermutet, dass die kollektiven Vereinbarungen dem Urheber zumindest ein vergleichbares Maß an Transparenz wie die gesetzlichen Bestimmungen gewährleisten.”

Hier ist noch vieles Unklar, sodass insbesondere hinsichtlich der in Abs. 2 geregelten Ausnahmen nicht ohne weiteres von deren Anwendbarkeit ausgegangen werden darf. Ich rechne also damit, dass die Vertragspartner nach Ablauf der Übergangsfristen erstmals im Juni 2023 Fotografen in der Regel Auskünfte zur Werknutzung und zu gezogenen Erträgen und Vorteilen erteilen werden müssen.

Dies gilt nur für den Fall entgeltlicher Nutzungsrechteeinräumung und wird wohl auch die Bildagenturen treffen, bei denen auch die gezogenen Nutzungen von besonderem Interesse sein dürften. Falls eine direkte Einräumung von Nutzungsrechten an Endkunden erfolgt ist, welche Die Bilder für Marketingzwecke einsetzen, dürften gezogene Nutzungen eher nachrangig sein. Hier kann aber gerade ein überdurchschnittlicher Umfang der Werknutzung interessant sein.

Doch was passiert, wenn die Auskünfte nicht erteilt werden? Es ist wohl davon auszugehen, dass viele Inhaber von Nutzungsrechten überhaupt nicht mitbekommen haben, dass Sie langsam damit anfangen müssen, Daten für zu erteilenden Auskünfte zu sammeln, um im kommenden Jahr zur Erteilung in der Lage zu sein. In vielen Unternehmen fehlt die technische Infrastruktur hierfür gänzlich und es steht zu befürchten, dass einige davon erst einmal den Kopf in den Sand stecken werden, um zu sehen, was im Falle der Nichterteilung passiert.

Auch hier hat der Gesetzgeber vorgesorgt und sieht einen Unterlassungsanspruch vor, der von Vereinigungen von Urhebern eingeklagt werden kann:

§ 36d Unterlassungsanspruch bei Nichterteilung von Auskünften

(1) Wer als Werknutzer Urhebern in mehreren gleich oder ähnlich gelagerten Fällen Auskünfte nach § 32d oder § 32e nicht erteilt, kann auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Der Anspruch nach Satz 1 steht nur Vereinigungen von Urhebern zu, die im Hinblick auf die jeweilige Gruppe von Urhebern die Anforderungen des § 36 Absatz 2 erfüllen.

(2) Für die Geltendmachung des Anspruchs nach Absatz 1 genügt es, dass aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für seine Voraussetzungen vorliegen.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 ist ausgeschlossen, wenn die Pflicht zur Auskunftserteilung nach § 32d oder § 32e in einer Vereinbarung geregelt ist, die auf einer gemeinsamen Vergütungsregel (§ 36) oder einem Tarifvertrag beruht.

(4) § 36b Absatz 2 ist anzuwenden.”

Daneben besteht für den Fall, dass ein Lizenznehmer die Auskünfte nicht erteilt und dieser die Bilder weiterlizenziert hat, unter bestimmten Voraussetzungen ein Durchgriffsanspruch der Urheber gegenüber den nachrangigen Nutzern in der Lizenzkette:

§ 32e Auskunft und Rechenschaft Dritter in der Lizenzkette

(1) Hat der Vertragspartner des Urhebers das Nutzungsrecht übertragen oder weitere Nutzungsrechte eingeräumt, so kann der Urheber Auskunft und Rechenschaft im Umfang des § 32d Absatz 1 bis 2 auch von denjenigen Dritten verlangen,

  1. die die Nutzungsvorgänge in der Lizenzkette wirtschaftlich wesentlich bestimmen oder
  2. aus deren Erträgnissen oder Vorteilen sich die unverhältnismäßig niedrige Vergütung des Urhebers gemäß § 32a Absatz 2 ergibt.

Ansprüche nach Satz 1 kann der Urheber nur geltend machen, soweit sein Vertragspartner seiner Auskunftspflicht nach § 32d nicht innerhalb von drei Monaten ab Fälligkeit nachgekommen ist oder die Auskunft nicht hinreichend über die Werknutzung Dritter und die hieraus gezogenen Erträge und Vorteile informiert.

(2) Für die Geltendmachung der Ansprüche nach Absatz 1 genügt es, dass aufgrund nachprüfbarer Tatsachen klare Anhaltspunkte für deren Voraussetzungen vorliegen.

(3) § 32d Absatz 3 ist anzuwenden.”

Im Ergebnis hat der Gesetzgeber den Urhebern hier durchaus wirkungsvolle Tools an die Hand gegeben. Wie damit nun in der Praxisumgegangen wird und was passiert, wenn die Auskünfte nicht ohne weiteres Zutun der Urheber erteilt werden, wird sich im Laufe des Jahres zeigen.


Erschienen als Kolumne Recht in der ProfiFoto