Müssen Fotografen die Rohdaten Ihrer Bilder herausgeben?

Der Anlass für diesen Artikel ist ein Klageverfahren, welches wiraktuell für einen Videografen führen.  

Dieser hat eine Hochzeit videografisch begleitet und sollte insgesamt eine feste Anzahl von Videos abliefern. Nachdem es über Art und Umfang der geschuldeten Leistungen Differenzen gab, schwenkte die Auftraggeberin um und verlangten die Herausgabe sämtlicher Rohdaten. 

Hervorzuheben ist, dass bis zu diesem Zeitpunkt noch immer keinerlei Bezahlung an den Videografen geflossen ist und für den Fall, dass er die Rohdaten herausgeben müsste, wohl auch nicht mehr mit einer Zahlung zu rechnen sein dürfte.  

Nachdem der Videograf die Herausgabe der Rohdaten mit dem Argument verweigert hat, dass diese zu keiner Zeit vereinbart war, erhob die Auftraggeberseite Klage auf Herausgabe vor dem zuständigen Landgericht.  

Die Frage, ob die Herausgabe von Rohdaten geschuldet ist, betrifft nicht nur Foto- oder Videografen. Auch im Bereich Grafikdesign und Programmierung spielt die Frage, ob Auftraggeber auch alle urheberrechtlich Geschützten Vorstufen des vertraglich vereinbarten Endproduktes herausverlangen können, oft eine Rolle.  

Gerade, wenn sich das Ende einer vertraglichen Beziehung abzeichnet, sind Auftraggeber häufig an den Rohdaten interessiert, da diese häufig die Arbeit für nachfolgend beauftragte Dienstleister erheblich erleichtern.  

Zudem hatten wir in der Vergangenheit auch schon Fälle, in denen Fotografen ihren Auftraggebern Rohdaten freiwillig ausgehändigt haben. Die Auftraggeber hatten hier allerdings regelmäßig (sofern Sie überhaupt über die erforderliche Software verfügten, die Daten zu öffnen) nach Inaugenscheinnahme der Rohdaten allerhand Mängel anzumerken, da Laien in der Regel kein Verständnis für den Ablauf der Rohdatenentwicklung haben und nicht selten annehmen, die Bilder seinen schlicht unsachgemäß erstellt worden. 

Es sprechen also vielerlei Gründe gegen die Aushändigung aller Rohdaten.   

Die Klägerin in unserem Fall ist dennoch der Ansicht, die Pflicht zur Herausgabe der Rohdaten durch den Videografen würde sich einerseits aus dem Vertrag zur Erstellung der Hochzeitsvideos und andererseits aus § 667 BGB ergeben:  

 

“§ 667 Herausgabepflicht 

Der Beauftragte ist verpflichtet, dem Auftraggeber alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben.” 

 

Hierbei stützt die Klägerin sich insbesondere auf eine BGH-Entscheidung, die sich mit der Frage der Herausgabepflicht von Tonbandaufnahmen des Altkanzlers Helmut Kohl beschäftigte (BGH, Urteil vom 10.7.2015 – V ZR 206/14). Hierin führt der BGH aus:  

“Zur Ausführung des Auftrags erhalten ist alles, was dem Beauftragten zum Zwecke der Geschäftsbesorgung zur Verfügung gestellt worden ist. Aus der Geschäftsbesorgung erlangt ist jeder Vorteil, den der Beauftragte auf Grund eines inneren Zusammenhangs mit dem geführten Geschäft erhalten hat (BGH, NJW-RR 1992, NJW-RR Jahr 1992 Seite 560, und NJW-RR 2004, NJW-RR Jahr 2004 Seite 1290; MüKoBGB/Seiler, § 667 Rn. MUEKOBGB BGB § 667 Randnummer 9; Staudinger/Martinek, § 667 Rn. 7 ff.). Hierzu zählen nicht nur von Dritten erhaltene Gegenstände, sondern auch die selbst über die Geschäftsführung angelegten Urkunden und Belege, Aufzeichnungen und Unterlagen, Akten und Notizen, soweit sie nicht nur für den Beauftragten selbst bedeutsam sind (vgl. BGHZ 109, BGHZ Band 109 Seite 260 [BGHZ Band 109 264 f.] = NJW 1990, NJW Jahr 1990 Seite 510, und BGH, NJW-RR 2004, NJW-RR Jahr 2004 Seite 1290; Staudinger/Martinek, § 667 Rn. 8). Herauszugeben sind nicht nur körperliche Gegenstände, sondern auch Datenbestände (BGH, NJW-RR 2004, NJW-RR Jahr 2004 Seite 1290). Für die Herausgabepflicht ist es unerheblich, ob das Erlangte dem Beauftragten gehört (vgl. RGZ 105, RGZ Band 105 Seite 392 [RGZ Band 105 395]; KG, NJW 1971, NJW Jahr 1971 Seite 566 [NJW Jahr 1971 567]).” 

Wir vertreten die Ansicht, dass die Rohdaten nur dann herauszugeben sind, wenn die Parteien dies explizit vereinbart haben.  

Der Annahme des Herausgabeanspruches nach § 667 BGB steht schon entgegen, dass dieser nur für unentgeltliche Aufträge im Sinne des § 662 BGB gegeben ist und der vorliegende Vertrag (natürlich) ein Entgelt für die Erstellung der Hochzeitsvideos vorgesehen hatte: 

 

“§ 662 Vertragstypische Pflichten beim Auftrag 

Durch die Annahme eines Auftrags verpflichtet sich der Beauftragte, ein ihm von dem Auftraggeber übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich zu besorgen.” 

 

Dem hat sich das Gericht in einer vorläufigen Einschätzung angeschlossen und in einem richterlichen Hinweis formuliert:  

“Die Parteien werden darauf hingewiesen, dass der Erfolg der Klage davon abhängt, ob die Parteien vertraglich die Übergabe sämtlicher Bild- und Videodateien vereinbart haben oder lediglich die Anfertigung der beiden Videos. Der klägerische Anspruch lässt sich aufgrund der vereinbarten Entgeltlichkeit nicht auf ein Auftragsverhältnis stützen und die zitierte Rechtsprechung des BGH zu den sog. „Kohl- Bändern“ lässt sich nicht auf den streitgegenständlichen Fall übertragen. Zudem ist gerichtsbekannt, dass Fotografen regelmäßig bestimmte Pakete mit verschiedenen Inhalten (z.B. Anzahl der Bilder/ Videos) anbieten, unter denen der Kunde auswählen – und bezahlen – kann. Möchte der Kunde alle Bilddateien erhalten, kostet dies regelmäßig einen Aufpreis. Die klägerische Rechtsauffassung würde dazu führen, dass der Kunde losgelöst von den vertraglichen Vereinbarungen stets einen Anspruch auf Herausgabe aller Bilddateien hat. Dem vermag sich die Kammer nicht anzuschließen.” 

 

Auch wenn das Verfahren noch nicht abgeschlossen ist, gibt der richterliche Hinweis Mut, dass Urheber nur nach gesonderter Absprache verpflichtet sind, ihre Rohdaten herauszugeben.  

In der Praxis empfiehlt sich dennoch, im eigenen Vertrag oder den eigenen AGB klarzustellen, dass die Herausgabe von Rohdaten nicht Vertragsgegenstand ist und diese beim Urheber verbleiben. Herausgabeansprüche des Auftraggebers sollten immer nur auf die vertragsgemäß zu erstellenden Werke beschränkt werden.  

Ein weiterer Tipp für die Praxis ist, dass der Urheber ferner auch berechtigt ist, das Format, in dem er diese vertragsgemäß zu erstellenden Werke an den Auftraggeber übergibt, nach eigenem Ermessen bestimmen kann. Nicht selten haben wir nämlich auch den Fall, dass Auftraggeber beispielsweise zu geringe Auflösung von übergebenen Bildern rügen und sich die Frage stellt, welches Format denn nun geschuldet war, wenn es hierzu keine vertraglichen Abreden gibt.  


Erschienen in der ProfiFoto im Rahmen der Kolumne Recht von Rechtsanwalt Sebastian Deubelli.