Ein Foto von einem Foto ist auch im Internet immer noch ein Foto (im Rechtssinn)

Das Landgericht Köln hatte sich unlängst mit der Frage zu beschäftigen, ob der Vermieter einer Ferienwohnung diese mit Bildern der darin befindlichen (rechtmäßig gekauften) Foto-Tapete auf seiner eigenen Homepage und in diversen Buchungsportalen anbieten darf oder ob es sich bei der so erfolgten Online Darstellung der Motive der Foto-Tapete um eine Urheberrechtsverletzung handelt.  

Das Landgericht verurteilte den Beklagten zur Unterlassung, Schadensersatz und der Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten des Klägers. Insbesondere konnte die  Beklagte sich vorliegend nicht darauf berufen, dass sie mit dem Kauf der Fototapete das Recht, diese im Rahmen der online Darstellung der Gästezimmer zeigen zu dürfen, erworben hätte. Zwar stand außer Frage, dass die Tapete ordentlich und auch für einen gewerblichen Zweck gekauft wurde. Allerdings stellte das Gericht fest, dass in diesem Fall weder eine eindeutige Vereinbarung über Nutzungsrechte noch eine konkludente Übertragung der Rechte stattgefunden hat.  

„Die Beklagte hat nicht ausreichend vorgetragen geschweige denn bewiesen, dass sie die erforderlichen Nutzungsrechte erworben hat. 

(…) 

Eine ausdrückliche schriftliche oder mündliche Vereinbarung über die Einräumung von Nutzungsrechten ist zwischen den Parteien nicht vorgenommen worden. 

Auch aus dem Vorbringen zum Kauf der Tapete durch die Beklagte folgt nichts anderes. 

Soweit die Beklagte sich auf eine Rechnung der C GbR bzw. der N GmbH vom 09.08.0000 (Anlage B 1, Bl. 166 d.A.) beruft, lässt sich daraus nur entnehmen, dass eine Fototapete „U“ für insgesamt 13,50 EUR erworben wurden. Der Vertrag bezieht sich demnach zunächst nur auf die Übertragung des dinglichen Eigentums an dem Vervielfältigungsstück der streitgegenständlichen Fotographie. Durch diesen Verbreitungsakt im Sinne von § 17 UrhG ist betreffend dieses von der Beklagten erworbene Vervielfältigungsstück der Tapete und damit auch von den streitgegenständlichen Lichtbildern nur insoweit ist Erschöpfung im Sinne von § 17 Abs. 2 UrhG eingetreten. 

Von der Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsrechte ist keine Rede in den vertraglichen Vereinbarungen (Anlage B1). 

Eine konkludente Rechteeinräumung kommt zwar grundsätzlich in Betracht, ist hier jedoch nicht erfolgt. 

Ebenso wie der Abschluss des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts ist die Einräumung von Nutzungsrechten grundsätzlich formfrei; sie kann also auch mündlich oder konkludent geschehen. Für die Rechtseinräumung ist nur hinsichtlich Rechten für unbekannte Nutzungsarten Schriftform vorgeschrieben (§ 31a Abs. 1 Satz 1 UrhG). Allerdings ist gerade bei konkludenten Erklärungen Zurückhaltung geboten, damit der Wille des Urhebers nicht lediglich fingiert wird (Ohly, in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 6. Auflage 2020, § 31, Rn. 11). Vor allem ist durch Auslegung im Lichte des Übertragungszweckgedankens (§ 31 Abs. 5 UrhG) zu ermitteln, ob die Einräumung eines Nutzungsrechts oder ggf. eine schlichte Einwilligung gewollt ist. 

(…) 

Bei sachgerechter Würdigung der Gesamtumstände des Sachverhalts drängt sich vorliegend nicht die Annahme auf, dass die C GbR bzw. die N GmbH der Beklagten die umfassende Nutzung der streitgegenständlichen Fotografien auch zur Vervielfältigung und öffentlichen Zugänglichmachung eingeräumt hat. 

(…) 

Weitergehende Rechte hat die Beklagte nicht erworben. Vielmehr kann die Einräumung von über den Vertragszweck hinausgehenden Nutzungsrechten nur angenommen werden, wenn ein entsprechender Parteiwille – und sei es nur aufgrund der Begleitumstände und des schlüssigen Verhaltens der Beteiligten – unzweideutig zum Ausdruck gekommen ist (BGH, Urteil vom 22. April 2004 – I ZR 174/01 – Comic-Übersetzungen III, Rn. 13 nach juris). 

Dies ist wie dargelegt nicht der Fall und ergibt sich auch nicht aus sonstigen Umständen. 

Auch beim Verkauf einer Wandtapete an ein Unternehmen ist nicht davon auszugehen, dass von vornherein mehr übertragen werden sollte als eben das Sacheigentum an der verkauften Tapete. Es hätte vielmehr nahegelegen, andernfalls einen entsprechenden Passus in die Rechnung aufzunehmen, was mutmaßlich auch einen höheren Preis bedeutet hätte. Die Beklagte konnte auch nicht ausgehen, dass allein aufgrund ihres gewerblichen Charakters jegliche Nutzung der erworbenen Tapete gestattet sein sollte.“ 

Die Beklagtenseite berief sich auf die Schranke des unwesentlichen Beiwerks, da sie der Ansicht war, dass die Darstellung der Foto-Motive auf der Tapete allenfalls unwesentliches Beiwerk darstellen würde. Der Hauptgegenstand der Aufnahmen sei das Gästezimmer gewesen. Hier hätte die Tapete nur eine untergeordnete Rolle gespielt.  

Das Gericht lehnte aber auch die Schranke des § 57 UrhG und damit das Vorliegen von sogenanntem unwesentlichen Beiwerk ab: 

„Nach § 57 UrhG ist die Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe von Werken zulässig, wenn sie als unwesentliches Beiwerk neben dem eigentlichen Gegenstand der Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentlichen Wiedergabe anzusehen sind. Die Bestimmung erfasst auch das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung im Sinne von § 19 a UrhG (BGH, GRUR 2015, 667, 668, Rn. 15 – Möbelkatalog). Die Frage, ob ein urheberrechtlich geschütztes Werk gemäß § 57 UrhG lediglich als unwesentliches Beiwerk in Bezug auf den eigentlichen Nutzungsgegenstand anzusehen ist, ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls aus der Sicht eines objektiven Durchschnittsbetrachters zu beantworten. 

(…) 

In Anwendung dieser Grundsätze können die streitgegenständlichen Fotografien vorliegend in ihrer konkreten Verwendung nicht als unwesentliches Beiwerk des Gästezimmers angesehen werden. Vielmehr werden die streitgegenständlichen Fotografien erkennbar stimmungsbildend für das beworbene Gästezimmer verwendet. Die Fotos sind zentrales Element in der Zimmergestaltung und dort prominent an der rückwärtigen Wand platziert, die den wesentlichen Teil des zu Werbezwecken ins Internet eingestellten Lichtbildes ausmacht. 

Die Fototapete mit den darauf großflächig abgebildeten Fotos des Klägers kann auch nicht weggelassen oder ausgetauscht werden, ohne dass dies dem durchschnittlichen Betrachter auffiele (BGH, Urteil vom 17. November 2014 – I ZR 177/13 – Möbelkatalog, Rn. 27, juris).“ 

Die Entscheidung hebt noch einmal hervor, dass bei Online-Verwendungen von Bildern, auf denen Foto-Motive nur beiläufig gezeigt werden, Vorsicht geboten ist und Fotografen in diesem Fällen keineswegs die Hände gebunden sind, was Ansprüche nach dem UrhG angeht.  


Beitrag erschienen als Kolumne Recht in der ProfiFoto