21. Februar 2025
BGH verneint Urheberrechtsschutz für Birkenstock-Sandalen – ein Weckruf für Unternehmen?
Mit seinem ikonischen Design ist Birkenstock weltweit bekannt. Doch der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einer aktuellen Entscheidung (Az. I ZR 16/24) klargestellt, dass die Sandalen keinen urheberrechtlichen Schutz genießen. Das Urteil unterstreicht eine zentrale Regel des deutschen Urheberrechts: Nicht jedes ästhetisch ansprechende Produkt ist automatisch geschützt.
Was bedeutet diese Entscheidung für Unternehmen, die sich gegen Nachahmungen wehren wollen? Welche Schutzmechanismen stehen stattdessen zur Verfügung? Und welche Konsequenzen hat das Urteil für den Wettbewerb?

Veröffentlicht von
Sebastian Deubelli
Der Fall Birkenstock: Was wurde entschieden?
Die Birkenstock-Sandale mit ihrem typischen Korkfußbett, den breiten Riemen und der ergonomischen Form ist ein Designklassiker. Doch genau dieses Design kann nicht durch das Urheberrecht geschützt werden, entschied der BGH am 20. Februar 2025.
Der Grund: Nach § 2 Abs. 2 UrhG sind Werke nur dann urheberrechtlich geschützt, wenn sie das Ergebnis einer „persönlichen geistigen Schöpfung“ sind. Das bloße Vorliegen eines wiedererkennbaren Designs reicht nicht aus. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Formgebung der Birkenstock-Sandalen zwar funktional und markant sei, aber keine ausreichende schöpferische Gestaltungshöhe erreiche, um als urheberrechtlich schützenswert zu gelten.
Birkenstock hatte sich gegen die Nachahmung seiner Sandalen gewehrt und das Urheberrecht als Mittel zur Wettbewerbsbegrenzung genutzt. Doch der BGH machte deutlich, dass das Urheberrecht nicht dazu dient, markante Produktformen dauerhaft zu monopolisieren.
Warum reicht das Urheberrecht hier nicht aus?
Das deutsche Urheberrecht schützt Werke mit individueller, künstlerischer Gestaltung. Entscheidend ist dabei die sogenannte Schöpfungshöhe – also die Frage, ob ein Design über das rein Funktionale hinaus eine kreative, originelle Leistung darstellt.
Der BGH verfolgt hier eine klare Linie:
- Funktionale Produkte sind in der Regel nicht urheberrechtlich geschützt, selbst wenn sie einzigartig oder besonders markant sind.
- Eine künstlerische Gestaltung muss über das Handwerkliche hinausgehen, um urheberrechtliche Anerkennung zu finden.
- Alltagsgegenstände oder Massenprodukte erfüllen diese Anforderungen meist nicht.
Bereits in früheren Entscheidungen hat der BGH ähnliche Maßstäbe angesetzt. Möbelstücke, Mode oder andere Produkte des täglichen Bedarfs wurden nur dann als urheberrechtlich schützenswert anerkannt, wenn sie eine überdurchschnittliche kreative Leistung widerspiegelten.
Für Unternehmen bedeutet das: Der bloße Wiedererkennungswert eines Produkts reicht nicht aus, um einen urheberrechtlichen Schutz zu begründen.
Welche Schutzmechanismen bleiben Unternehmen?
Das Urteil zeigt, dass das Urheberrecht nicht die beste Strategie ist, um sich gegen Nachahmungen zu wehren. Unternehmen sollten daher auf andere Schutzmechanismen setzen:
1. Designschutz (eingetragenes Design)
Das eingetragene Design (ehemals Geschmacksmuster) bietet Schutz für die äußere Gestaltung eines Produkts – also Form, Muster und Farben. Der Vorteil:
- Schnelle Eintragung – Schutz kann innerhalb weniger Monate gesichert werden.
- Rechtliche Durchsetzbarkeit – Unternehmen können Nachahmungen leichter verbieten lassen.
- Laufzeit von bis zu 25 Jahren – bei regelmäßiger Verlängerung.
Allerdings ist der Schutz zeitlich begrenzt und setzt eine rechtzeitige Anmeldung voraus.
2. Markenschutz
Wenn ein Design oder eine Form eine hohe Wiedererkennbarkeit hat, kann der Schutz als dreidimensionale Marke infrage kommen. Bekannte Beispiele sind die Coca-Cola-Flasche oder der Ritter-Sport-Schokoladenquader.
Der Vorteil einer Marke:
- Unbegrenzte Schutzdauer, solange die Marke genutzt wird.
- Wettbewerbsvorteil, da Markenrechte exklusiv sind.
Allerdings sind die Hürden hoch – eine Form muss als Herkunftshinweis verstanden werden, nicht nur als funktionales Design.
3. Wettbewerbsrechtlicher Nachahmungsschutz
Auch ohne Urheberrecht oder eingetragenes Design können Unternehmen sich gegen Nachahmungen wehren. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) bietet Schutz vor:
- Unlauterer Rufausbeutung – wenn ein Nachahmer sich bewusst an eine etablierte Marke oder ein Design anlehnt.
- Unlauterer Herkunftstäuschung – wenn Kunden irrtümlich annehmen, dass das nachgeahmte Produkt vom Originalhersteller stammt.
Dieser Schutz greift jedoch nur unter bestimmten Bedingungen und ist oft schwerer durchzusetzen als Marken- oder Designschutz.
SLD IP: Die richtige Kanzlei für den Schutz Ihres geistigen Eigentums
Das Urteil des BGH zeigt, wie wichtig es für Unternehmen ist, frühzeitig die richtigen Schutzstrategien zu entwickeln. Bei SLD IP sind wir darauf spezialisiert, maßgeschneiderte Schutzkonzepte für Produkte, Marken und kreative Leistungen zu entwickeln.
Unsere Kanzlei vereint tiefgehendes Fachwissen im Bereich des geistigen Eigentums mit einer praxisorientierten Beratung, die auf die individuellen Bedürfnisse von Unternehmen und Kreativschaffenden zugeschnitten ist. Dabei unterstützen wir Sie nicht nur bei der Wahl des richtigen Schutzmechanismus, sondern setzen Ihre Rechte auch konsequent durch – ob in Verhandlungen, außergerichtlich oder vor Gericht.

Sebastian Deubelli
Experte für Urheber- und Medienrecht
Weitere News
-
Schulungspflicht nach Artikel 4 KI-Verordnung: Was Unternehmen jetzt wissen müssen
Mehr anzeigen -
Zukunft gestalten: Rechtliche Aspekte von KI beim DDV-KI-Tag 2024
Mehr anzeigen -
Wir sind dabei: KI-Konferenz „AI Eats Content“ – ein Event der Superlative
Mehr anzeigen -
Sebastian Deubelli im Interview: Rechtliche Expertise für die Medienbranche
Mehr anzeigen -
KI und das Urheberrecht in den USA – ein Blick über den großen Teich
Mehr anzeigen -
Sebastian Deubelli im „KI – Wir müssen sprechen!“ Podcast
Mehr anzeigen -
Sind Spam-Mails rechtswidrig und wie können sich Unternehmen dagegen wehren?
Mehr anzeigen -
Abmahnung wegen Instagram-Musiknutzung – Was Sie wissen müssen
Mehr anzeigen -
OLG München nimmt Bewertungsportale in die Pflicht
Mehr anzeigen -
GEMA veröffentlicht KI-Charta: Schutz und Förderung menschlicher Kreativität im Zeitalter generativer KI
Mehr anzeigen -
Berufung in Sache Robert Kneschke ./. LAION e.V. eingelegt
Mehr anzeigen -
Podiumsdiskussion beim DDV KI-Tag: Zukunft der Customer Experience mit KI
Mehr anzeigen -
Webinar zum EU AI-Act – ein voller Erfolg!
Mehr anzeigen -
KI im Vertrag: Rechtliche Stolpersteine beim Einsatz von KI-generierten Inhalten
Mehr anzeigen -
Landgericht Hamburg weist Klage gegen LAION e.V. ab
Mehr anzeigen -
Der AI-Act und seine Auswirkungen auf den Bildermarkt
Mehr anzeigen -
OLG Düsseldorf -keine Haftung für Fotos von einer Fototapete
Mehr anzeigen -
DGPh Online Talk mit Sebastian Deubelli: KI-Training ohne Zustimmung der Fotograf*innen?
Mehr anzeigen -
BGH-Urteil: Werbung mit Sternebewertungen – Was Unternehmen beachten müssen
Mehr anzeigen -
BVPA-Webinar: Urheberrechtsverletzung beim Erstellen von KI-Datensätzen
Mehr anzeigen -
Offene Forderung im kreativen Umfeld
Mehr anzeigen -
Müssen Fotografen die Rohdaten Ihrer Bilder herausgeben?
Mehr anzeigen -
Fotograf wehrt sich gegen KI – Bericht in der FAZ
Mehr anzeigen -
Der Prozess der Markenanmeldung: eine Schritt-für-Schritt-Anleitung
Mehr anzeigen -
KI Newsroom – das wöchentliche KI-Live-Update
Mehr anzeigen -
Der EU AI Act tritt in Kraft: Was Unternehmen jetzt beachten müssen
Mehr anzeigen -
Ein herzliches Dankeschön an alle Teilnehmenden der OMR 2024 Masterclass!
Mehr anzeigen -
Tschechisches Gericht verwehrt KI-Bild Urheberschutz
Mehr anzeigen -
Termin verlegt – Klage gegen LAION e.V. vor dem Landgericht Hamburg
Mehr anzeigen -
PICTAday 2024: Abwehr gegen KI Data Crawling
Mehr anzeigen -
Deutscher Fotorat bezieht Stellung zu unserem Gerichtsverfahren gegen LAION e.V.
Mehr anzeigen -
Die Nutzungsbedingungen von Midjourney: was darf man mit KI-Bildern?
Mehr anzeigen -
OMR Masterclass: Raus der Grauzone – KI rechtssicher und effektiv nutzen
Mehr anzeigen -
Rentner helfen Rechnern – Bericht in der ZEIT
Mehr anzeigen -
Erstattung von Fotografenhonorar nach coronabedingter Absage
Mehr anzeigen -
Webinar: Peitsche oder Zuckerbrot? Umgang mit Bilderklau im Netz
Mehr anzeigen -
KI Implementierung rechtssicher und effektiv
Mehr anzeigen -
Opt-out: Abwehr gegen KI Data Crawling
Mehr anzeigen -
Die Nutzungsbedingungen von OpenAI-Produkten: was darf man mit den Produkten ChatGPT, Dall-E und Sora?
Mehr anzeigen -
Künstliche Intelligenz im Unternehmen – rechtliche Herausforderungen und Haftungsrisiken
Mehr anzeigen -
KI-generierte Bilder: Alles möglich? Alles erlaubt?
Mehr anzeigen -
Der Anspruch auf Herausgabe von Rohdaten
Mehr anzeigen -
Fotos müssen gezahlt werden, auch wenn die Bilder nachträglich nicht gefallen
Mehr anzeigen -
Erwähnung unseres Verfahrens „Robert Knkeschke vs. LAION e.V.“ in der schwedischen Tagespresse
Mehr anzeigen -
Recap: Unser Event Markenrecht als Unternehmenswert
Mehr anzeigen -
Bilder an Dritte weitergeben. Diese Nutzungsrechte musst du klären!
Mehr anzeigen -
Wird der “AI-Act” die KI-Generatoren in die Schranken weisen?
Mehr anzeigen -
Dürfen KI-Bildgeneratoren mit meinen Bildern trainiert werden?
Mehr anzeigen -
Markenrechtliche Risiken beim Rebranding
Mehr anzeigen -
Urteil: Das schwebende Wohnzimmer genießt Motivschutz nach dem UrhG
Mehr anzeigen -
Vortrag von Sebastian Deubelli auf der Marienlyst Konference in Kopenhagen
Mehr anzeigen -
WEBINAR: KI-Kunst in der Vermarktung: Wie müssen Bildanbieter ihre Verträge anpassen?
Mehr anzeigen -
KI und alles was Recht ist – Sebastian Deubelli klärt auf
Mehr anzeigen -
Verlosung von Tickets für die Creative Content Conference in Hamburg
Mehr anzeigen -
Steuerliche Behandlung von Schenkungen im Fotobereich
Mehr anzeigen -
Ein Foto von einem Foto ist auch im Internet immer noch ein Foto (im Rechtssinn)
Mehr anzeigen -
Podcast-Erwähnung – Raubt KI mir das Recht an meinen Texten und Bildern?
Mehr anzeigen -
Generative-AI trifft auf Markenrecht – markenrechtliche Probleme bei KI-gestütztem Logo-Design
Mehr anzeigen -
Exklusives Webinar für die KI-Arbeitsgruppe und den CEPIC-Vorstand
Mehr anzeigen -
KI-generierte Inhalte im Unternehmen rechtssicher nutzen
Mehr anzeigen -
Rechtsanwalt Sebastian Deubelli als Speaker auf der Creative Content Conference
Mehr anzeigen -
Machtmissbrauch in der Modelbranche
Mehr anzeigen -
Allgemeiner Verzicht auf Urhebernennung in Microstock-AGB rechtmäßig
Mehr anzeigen -
Wann verletzen KI-Portraits das allgemeine Persönlichkeitsrecht?
Mehr anzeigen -
KI-Bildgeneratoren – Chance oder Untergang für Berufsfotograf*innen? Ein Interview mit Eberhard Schuy
Mehr anzeigen -
Case Study Rechte-Checkup
Mehr anzeigen -
KI im Bildermarkt – Webinar für professionelle Medienanbieter und Medienkäufer
Mehr anzeigen -
Case Study Workshop
Mehr anzeigen -
SLD IP auf dem PICTAday 2023
Mehr anzeigen -
Wieso verklagt Getty Images Stability AI?
Mehr anzeigen -
Partei darf Foto nicht ohne Nutzungsrecht des Fotografen nutzen, um abgebildeten Künstler zu diffamieren
Mehr anzeigen -
Urteil zum Einbehalt der Anzahlung bei Absage einer Hochzeitsreportage wegen Corona
Mehr anzeigen -
Sind KI-generierte Bilder aus rechtlicher Sicht nutzbar?
Mehr anzeigen -
Webinar: KI-generierte Bilder im Verlagswesen gratis Bildquelle oder Haftungsfalle?
Mehr anzeigen -
Neue BGH-Entscheidung zur (Un-)Rechtmäßigkeit von Bewertungen durch Nicht-Kunden im Internet
Mehr anzeigen -
Proaktive Auskunftspflicht für Vertragspartner von Fotografen
Mehr anzeigen -
Können Unternehmen noch Musik auf Instagram nutzen?
Mehr anzeigen