Allgemeiner Verzicht auf Urhebernennung in Microstock-AGB rechtmäßig
Ein häufiges Thema bei der Verwendung von Stock-Bildern ist die Frage ob und wo eine Urhebernennung zu erfolgen hat. Diese stellt sich in der Regel jedoch eher den Verwendern von Stock-Bildern und hat weniger Auswirkungen auf die Seite der Fotografen.
Aus Sicht der Verwender ist bei Stock-Inhalten deutlich zwischen der gesetzlichen Regelung des § 13 UrhG und den vertraglichen Bestimmungen der Stock-Archive zu unterscheiden. Die gesetzliche Regelung sieht vor, dass schlicht und ergreifend immer eine Urhebernennung zu erfolgen hat, die dem verwendeten Bild zuordenbar sein muss. Dies ist der Fall, bis der Fotograf im Vorfeld rechtsgültig auf die Nennung verzichtet.
Eben mit diesem Umstand des Verzichts hatte sich vor Kurzem das OLG Frankfurt mit Urteil vom 29.09.2022 (11 U 95/21) zu befassen.
Anlass war eine Bildnutzung ohne Urhebernennung, die grundsätzlich lizenziert war. Der Verwender war sich auch hinsichtlich des seitens des Fotografen erhobenen Vorwurfs, die Aufnahme sei zu Unrecht ohne Urhebernennung verwendet worden, keiner Schuld bewusst.
In dem Vertrag zwischen dem Fotografen und der Stock-Agentur war ausdrücklich ein Verzicht auf die Urhebernennung geregelt:
„3. Download und Unterlizenzen
X ist laut den Bedingungen dieses Vertrags berechtigt, einem oder mehreren Herunterladenden Mitgliedern eine nicht-exklusive, weltweite und zeitlich unbegrenzte Lizenz zur Nutzung, Wiedergabe und Ausstellung des Werks … zu gewähren. Ein Nicht-exklusiv Herunterladendes Mitglied ist zur Urheberbenennung berechtigt jedoch nicht verpflichtet.
…
- Eigentumsrechte und Beibehaltung von Rechten
….
Soweit das anwendbare Recht dies zulässt, bestätigt das hochladende Mitglied hiermit, dass sowohl X als auch jedes Herunterladende Mitglied welches ein Werk über X bezieht, das Recht aber nicht die Verpflichtung haben, das Hochladende Mitglied als Quelle seiner Werke kenntlich zu machen. Das Hochladende Mitglied verzichtet hiermit auf jede Verpflichtung von X und jedem Herunterladenden Mitglied das Hochladende Mitglied als Quelle des Werks zu identifizieren.“
Eigentlich alles klar, oder?
Da es sich bei dem hier in Auszügen wiedergegebenen Upload-Vertrag zwischen der Agentur und dem Fotografen um allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) handelt, sind diese kraft Gesetztes mit besonderer Umsicht zu prüfen.
So dürfen Klauseln in AGB zum Beispiel Vertragspartner verglichen mit den gesetzlich geltenden Reglungen nicht unangemessen benachteiligen, § 307 BGB. Der allgemeine Verzicht auf das gesetzlich geregelte Recht, als Urheber am Werk genannt zu werden, ist in der Tat weitreichend.
Das Gericht lehnte eine unangemessene Benachteiligung im vorliegenden Fall ausdrücklich ab:
“Zwar widerspricht der Verzicht des Urhebers auf die Urheberbenennung gegenüber dem Lizenznehmer dem gesetzlichen Leitbild des § 13 UrhG. Diese Vorschrift gibt dem Urheber als Teil des Urheberpersönlichkeitsrechts ein vorbehaltloses Recht auf Anerkennung seiner Urheberschaft an dem geschaffenen Werk (Bullinger in: Wandtke/ Bullinger, Urheberrecht, 6. Auflage, § 13 Rn. 1). Daher weicht der Verzicht des Urhebers von einem wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung ab (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB). Trotzdem stellt der vorliegend erklärte Verzicht keine unangemessene Benachteiligung des Urhebers dar, da der Urheber (hier: der Kläger) sich mit Abschluss des Vertrags dafür entscheidet, seine Werke über ein Microstock-Portal (hier: X) zu vermarkten. Er bedient sich daher willentlich für Verbreitung seiner Werke eines Geschäftsmodells der Microstock-Portale, das den Verzicht des Urhebers auf sein Urheberbenennungsrecht bedingt und wird damit durch den Verzicht auf sein Urheberbenennungsrecht nicht unangemessen benachteiligt.
Im Einzelnen:
X war eine der führenden europäischen Microstock-Bildagenturen mit Millionen von Bildern und Videos, die auf dem Portal eingestellt wurden. Diese Werke stellte X seinen Kunden zu äußerst günstigen Lizenzen zur Verfügung. Hierdurch konnte X eine enorme Anzahl an (Unter-) Lizenzen vergeben und damit eine starke Verbreitung der Werke gewährleisten. Zwar erhält der einzelne Urheber für die einzelne Lizensierung ein geringes Lizenzhonorar. Allerdings ist es aufgrund der hohen Reichweite bei dieser Art der Vermarktung und der dadurch möglichen Verbreitung der Werke für professionell tätige Urheber lukrativ, Lizenzrechte an ihren Werken im Einzelfall zu äußerst niedrigen Lizenzgebühren über die Microstock-Agentur zu vergeben. Die hohe Reichweite durch die Vielzahl der Unterlizensierungen ist damit aus Sicht des Urhebers erforderlich, um die niedrigen Lizenzgebühren, die der Urheber im Fall der (Unter-)Lizensierung erhält, zu kompensieren. Damit hat der Urheber, der sich der Microstock-Bildagenturen bedient, ein erhebliches Interesse an einem großen Umfang von Unterlizensierungen des Werks von X an seine Kunden.
Der Urheber, der sich – wie der Kläger – ausschließlich solcher Microstock-Agenturen bedient, vermeidet zudem – wie der Kläger selbst vorträgt – den mit eigenständiger Vermarktung verbundenen zeitlichen und finanziellen Aufwand.
Für die Attraktivität des Angebots von Microstock-Portalen wie X und damit die erhebliche Anzahl von (Unter-) Lizensierungen an Kunden ist die fehlende Verpflichtung der Kunden, den Urheber bei der kommerziellen Verwendung von Lichtbildern zu benennen, von Bedeutung:
Dies hat die Beklagte vorgetragen: Microstock-Portale würden von solchen Unternehmen bewusst genutzt, die eine Urheberangabe für nicht umsetzbar hielten und damit eine Pflicht zur Urheberbenennung vermeiden wollten. Bestände eine Pflicht der Kunden solcher Microstock-Portale zur Urheberbenennung, würden Portale wie X daher geringere Umsätze erzielen.
(…)
Der in den AGB des Upload-Vertrags vorgesehene Verzicht auf Urheberbenennung stellt schließlich nicht deshalb eine unangemessene Benachteiligung des Klägers dar, weil – wie der Kläger geltend macht – er die Pflicht zur Urheberbenennung auf Grund der Massenverbreitung der Werke über solche Portale zu Marketingzwecken nutzen könne.
Dem ist bereits deshalb nicht zu folgen, weil – wie ausgeführt – eine Pflicht der Nutzer für jede einzelne Nutzung jedes auf X eingestellten Werks den Urheber zu benennen oder seinen Verzicht einzuholen, mit einem erheblichen Aufwand verbunden wäre und hierdurch die Massenverbreitung der Werke jedenfalls beeinträchtigt würde.
Im Ergebnis bleibt es daher dabei, dass man die Bedingungen von Agenturen, über die man seine Bilder vertreiben lässt, lieber zweimal lesen sollte, da die aktuelle Entscheidung des OLG Frankfurt zeigt, dass es im Nachgang schwierig werden kann, gegen derartige Vereinbarungen vorzugehen.
Beitrag erschienen als Kolumne Recht in der ProfiFoto